Wie können die Unternehmen in der Region Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit für sich nutzen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Seeoner Gesprächs, das die TH Rosenheim gemeinsam mit der Wirtschaftsvereinigung Seeoner Kreis veranstaltete. Auch das Wachstum und die künftige Entwicklung der Hochschule wurden bei der Veranstaltung thematisiert.
Nach der Begrüßung der mehr als 100 Gäste im Kloster Seeon durch den Vorstandsvorsitzenden des Seeoner Kreises, Gerald Rhein, gab TH-Präsident Professor Heinrich Köster einen Überblick über wichtige Themen der TH Rosenheim. Das aktuelle Wintersemester brachte seinen Worten zufolge einen deutlichen Zuwachs an Erstsemestern, wovon gerade die Außenstandorte in Burghausen, Mühldorf am Inn und Traunstein profitieren. „Wir sehen, dass wir mit unserem vielfältigen Studienangebot viele junge Leute von der TH Rosenheim überzeugen konnten. Vor allem die Studiengänge, die sich mit wichtigen Zukunftsthemen beschäftigen, werden hervorragend angenommen“, sagte Köster. Sehr erfreulich sei, dass sich immer mehr Studierende aus dem Ausland einschreiben, ihr Anteil liegt mittlerweile bei über 15 Prozent. Für die Zukunft plane die Hochschule weiteres Wachstum, mit denen auch verschiedene Baumaßnahmen einhergingen.
Als Unternehmer “aufs eigene Tor spielen“
Wie wichtig Veränderung ist, erläuterte Professorin Isabell Welpe von der TU München in ihrem Vortrag zum Thema „Das nächste Kapitel von Organisationen: KI – Kreativität – Kooperationen“. Das Motto „Das haben wir immer schon so gemacht“ führe geradewegs ins Abseits oder gar in den Abgrund, so die Betriebswirtschafterin. Stattdessen gelte es, sich bereits in erfolgreichen Zeiten selbst in Frage zu stellen, sozusagen „aufs eigene Tor zu spielen“, wie Welpe es ausdrückte. „Überlegen Sie sich, wie man Ihr Unternehmen in Schwierigkeiten bringen könnte und ziehen Sie Schlussfolgerungen daraus“, appellierte die Expertin an die Unternehmerinnen und Unternehmer.
Ausführlich ging Welpe auf die enormen Chancen durch Künstliche Intelligenz ein. Diese werde so ziemlich jeden Lebensbereich und auch die Arbeitswelt stark verändern. „KI steigert die Produktivität in Unternehmen erheblich, wenn man sich darauf einlässt. Und sie vermag, Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Beschäftigten ein gutes Stück auszugleichen. Die etwas Schwächeren profitieren von KI in besonderer Weise, das Leistungsniveau steigt insgesamt an“, betonte die Professorin für Strategie und Organisation. Die Angst, seinen Job an KI zu verlieren, sei in dem Zusammenhang unbegründet. „Sehr wohl kann man seinen Job aber an jemanden verlieren, der KI nutzt und damit umzugehen weiß, wenn man es selbst nicht kann“, so Welpe.
Die Natur als Vorbild für gesunde Unternehmen
„Die Zukunft nachhaltiger und resilienter Unternehmen gestalten“ lautete der Titel des Vortrags von Michael Pachmajer, Zukunftsforscher am Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main. Er wies zunächst darauf hin, wie wichtig es ist, Zukunftsszenarien zu entwickeln. „Diese sind die Grundlage für unternehmerische Entscheidungen. Wenn ich kein Bild von der Zukunft habe, habe ich auch nichts, worauf ich hinarbeiten kann“, sagte Pachmajer. Zudem verwies er auf das Vorbild der Natur, wenn es darum geht, Unternehmen widerstandsfähig zu machen. „Ein gesundes Ökosystem lebt von der Vielfalt, vom Austausch und von steter Erneuerung. So sollten Firmen sich auch aufstellen. Es ist hochriskant, sich nur auf ein einziges Geschäftsmodell zu stützen und dieses bis zur maximalen Grenze auszureizen, ohne sich frühzeitig Gedanken über Alternativen und Innovationen zu machen.“
Mit Blick in die Zukunft sei auch ein Paradigmenwechsel für die Definition von Wachstum notwendig. „Einfach immer größere Gewinne einzufahren und noch mehr Produkte herzustellen richtet uns zugrunde. Wir verbrauchen global in einem Jahr das 1,7-fache der zur Verfügung stehenden Ressourcen dieser Welt, in Deutschland sogar das Dreifache. So kann es nicht weitergehen“, betonte Pachmajer. Stattdessen müsse eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft etabliert werden, in der nicht finanzielle Kennzahlen der alleinige Maßstab für unternehmerischen Erfolg seien, sondern auch Menschenwürde, Solidarität, Partizipation und Regeneration.
Damit einhergehend sei es wichtig, die Organisationsmuster aus dem prädigitalen Zeitalter aufzugeben – weg von der hierarchischen Führungsstruktur und für sich arbeitenden Abteilungen hin zu einem Netzwerk gleichberechtigter und eng kooperierender Einheiten. An die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerichtet sagte er: „Ich möchte Sie ermutigen, innovativen Ideen Raum zu geben – ganz ohne Druck, denn Druck ist der Feind der Innovation!“