Vortrag über Parlamentsvergrößerungen in Deutschland

Der Einladung von Prof. Bischof im Rahmen des BAZI Projekts folgten unter anderem Prof. Pukelsheim, ein international anerkannter Wahlrechtsexperte und Gutachter. Der Präsenzvortrag  konnte auch parallel im Internet verfolgt werden.

Die personalisierte Verhältniswahl (PVW) im deutschen Wahlrecht gilt weltweit als Vorbild. Dennoch hat sie einen Nebeneffekt: sie führt häufig zu Parlamentsvergrößerungen. In der Diskussion ist zurzeit der 2017 gewählte Bundestag mit 111 zusätzlichen Sitzen. Aber auch in den Bundesländern sind Parlamentsvergrößerungen zu beobachten. Bei über 40 % der Wahlen von 1947 bis 2019 trat dieser Fall ein, und zwar mit zunehmender Tendenz. Herr Weinmann hat mit statistischen Methoden untersucht unter welchen Bedingungen PVW-Systeme zu solchen Parlamentsvergrößerungen führen. Im Vortrag ging er dieser Frage für die deutschen Bundesländer nach.

Die Sitzzuteilung in PVW-Systemen erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt erhalten die Parteien eine Anzahl von Parlamentssitzen, die ihrem Stimmanteil entspricht. In einem zweiten Schritt erhalten zunächst die gewählten Direktkandidaten einen Sitz, danach werden die übrig gebliebenen Mandate mit den Listenkandidaten aufgefüllt. Wenn eine Partei mehr Direktmandate erhält als ihr nach Stimmanteil zustehen, dann werden diese durch Ausgleichsmandate an die anderen Parteien ausgeglichen. Damit kommt es in diesen Fällen zu Parlamentsvergrößerungen über die Sollzahl von Sitzen hinaus.

Die stärkste Partei gewinnt immer auch die meisten Direktmandate. Da aber die stärkste Partei in der heutigen Situation nicht mehr wie früher über 40 % der Stimmen erhält, sondern im Bereich von 30 % oder weniger, führt das zu den oben beschriebenen Parlamentsvergrößerungen. Die Analyse von Herrn Weinmann zeigt, dass eine Reduzierung der Anzahl der Wahlkreise die stärkste Wirkung auf die Verringerung der Parlamentssitze hätte. Novellierungen der Wahlgesetze in diese Richtung sind aber eher zaghaft.