95 Jahre Rosenheimer „Holzer“

An der Fakultät Holztechnik und Bau, die gewissermaßen die Keimzelle der TH Rosenheim darstellt, blickt man in Lehre, Forschung und Entwicklung auf eine 95-jährige Historie zum Werkstoff Holz zurück.

Der Werkstoff Holz gewinnt im Zeitalter von Klimadebatten und Diskussionen über nachhaltiges Wirtschaften zunehmend an Bedeutung. Dass dem Holz die Zukunft gehört, daran hat niemand der Fakultät für Holztechnik und Bau Zweifel. „Holz  hat in  jüngster  Zeit  eine  immer  wichtigere  Rolle in der Bauwirtschaft – vor allem, weil sich die Anforderungen von Bauherren und Planern stark geändert haben“, sagt Dekan Prof. Thorsten Ober. Lange Zeit habe der Werkstoff gegenüber anderen Materialien wie Ziegel, Beton oder Stahl ein Schattendasein gefristet. „Das hat sich deutlich verändert, weil der Aspekt Nachhaltigkeit immer wichtiger wird und Holz als nachwachsender, einheimischer Rohstoff den mineralischen und erdölbasierten Baustoffen auch aufgrund der Energiebilanz weit überlegen ist. Der im Holz gebundene Kohlenstoff, der in Gebäuden verbaut ist, kann nicht in Form von Kohlendioxid in die Atmosphäre entweichen. Und damit wird das Bauen mit Holz ein entscheidender Faktor im Kampf gegen die Erderwärmung“, erläutert Ober.

„Holz ist ein demokratischer Werkstoff“

Prof. Dipl.-Ing. Rolf Staiger, Studiendekan für die Fachrichtung Innenausbau, bringt einen weiteren Vorteil ins Spiel: „Holz ist ein demokratischer Werkstoff, er ist leicht zugänglich und muss nicht mit aufwendigen industriellen Verfahren hergestellt werden.“ Dadurch könnten vor allem mittelständische Betriebe hervorragend damit arbeiten, zumal die verschiedenen Holzarten zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten böten, so Staiger. „Inzwischen hat man auch erkannt, dass sich mit Holz sehr wohl auch mehrgeschossige Gebäude errichten lassen. Das derzeit höchste Gebäude in Holzbauweise steht in Norwegen. Es ist rund 85 Meter hoch und umfasst 18 Stockwerke.“

Auch wenn sich am Werkstoff an sich nichts verändert hat, so ist die wissenschaftliche Sichtweise darauf heute eine ganz andere als früher. Wenn es früher nur darum ging, wie man aus massivem Holz stabile Konstruktionen baut, so muss im Umgang mit Holz heute viel weiter gedacht werden: Das betrifft nicht nur die Be- und Verarbeitung, sondern auch den ressourcenschonen Einsatz. Im gleichen Maße beschäftigen sich die Experten an der TH Rosenheim mit den Produktionsvoraussetzungen, die die Verarbeitung von Holz und Holzwerkstoffen überhaupt erst ermöglicht: vollautomatisiert bei hohem Individualisierungsgrad über Produktionssysteme, die sich selbst steuern.

Heute gibt es neben Möbeln, Fenstern, Treppen und Holzbauelementen für den Innenausbau und Ausbau weitere zahlreiche Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen und der Trend setzt sich fort. „Mit dem Werkstoff Holz und daraus abgeleiteten Holzwerkstoffen können viele Probleme gelöst werden, die wir mit endlichen Ressourcen nicht mehr lösen sollten. Dem Umgang mit Holz wird also auch im Rahmen der Klimadiskussionen eine noch höhere Bedeutung zukommen“, erklärt Prof. Dipl.-Ing. (FH) Christian Kortüm, Studiendekan für Holztechnik.

Einzigartiges Kompetenz-Cluster

Gerade diese umfassende Betrachtungsweise macht den Standort Rosenheim einzigartig als Aus- und Weiterbildungszentrum für die gesamte Holzbranche. Die Fakultät für Holztechnik und Bau bietet acht Bachelor- und Masterstudiengänge rund ums Holz, zudem kooperiert man sehr eng mit dem Lehrinstitut, der Fachschule und weiteren Aus- und Weiterbildungsangeboten der Region. Zusammen mit internationalen Firmen der holzverarbeitenden Wirtschaft ergibt sich ein einmaliges Cluster. „Wir bilden gemeinsam alle derzeit denkbaren Prozesse der Holzbe- und -verarbeitung ab und können dabei auf exzellent ausgestattete Forschungslabore und Werkstätten zurückgreifen. Die Ausstattung der Hochschule ist weltweit einzigartig“, sagt Ober.

Digitale Prozesse verändern den Arbeitsalltag

Sowohl in der Forschung als auch in der Lehre gewinnt die Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. „Die Organisation verschiedener Gewerke auf einer Baustelle ist heutzutage ohne digitale Instrumente nicht mehr denkbar, die Studierenden der Studiengänge Holzbau und Ausbau sowie Bauingenieurwesen werden insbesondere in Planung und Organisation ausgebildet“, so Ober weiter. Im Vordergrund der Hochschulausbildung steht dabei der Praxisbezug: In Projekten werden neue Methoden erprobt, die daraus gewonnen Erkenntnisse fließen wiederum in die Lehre ein. „Unsere Absolventinnen und Absolventen haben nicht nur das theoretische Wissen, sondern auch praktische Erfahrungen. Damit sind sie in der Lage, nach dem Abschluss verantwortungsvolle Positionen auszufüllen“, sagt der Dekan. „Neben der Ausbildung in der Fach- und Methodenkompetenz ist uns die Sozialkompetenz der Studierenden ebenso wichtig. Uns kommt es darauf an, auch die Persönlichkeit der Studierenden zu entwickeln“, ergänzt Staiger. „Sie sollen den Mut haben, Neuland zu betreten und Probleme der Zukunft lösen zu können.“

Internationales Branchennetzwerk

Auch wenn der Blick in die Zukunft gerichtet ist, so bietet die 95-jährige Tradition neben dem fundierten Know-how einen weiteren unschätzbaren Vorteil: ein weitverzweigtes und internationales Netzwerk. Viele ehemalige Studierende der TH Rosenheim halten engen Kontakt zur Hochschule und bilden die Brücke zwischen Hochschule, Studierenden und Berufswelt. Außerdem haben alle Lehrenden der Fakultät  durch ihren beruflichen Hintergrund hervorragende Kontakte in die Wirtschaft. „Wir sind hier breit aufgestellt, das kommt unseren Studierenden sehr zugute“, hebt Ober hervor.

Frauen in der Holzbranche

Bei einem Thema sieht der Dekan der Fakultät für Holztechnik und Bau übrigens für die Zukunft noch weitere Chancen: „Der Anteil hochqualifizierter Frauen sowohl unter den Lehrenden als auch unseren Studierenden entwickelt sich in den letzten Jahren rasant und positiv“, so Ober. Dies liege nicht zuletzt daran, dass der Werkstoff Holz eine sinnstiftende Brücke zwischen Technik und Gebrauchswert darstelle. „Frauen haben einen anderen Blick auf den Werkstoff und befördern damit einen neuen, nachhaltigkeitsorientierten Umgang mit ihm. Holzer müssen also keineswegs immer Männer sein.“

 

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