Wie passen Technik und Nachhaltigkeit zusammen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Technik-trifft-Umwelt-Camps der Bildungsinitiative „Technik – Zukunft in Bayern 4.0“ im Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft. 14 Jugendliche aus ganz Bayern erhielten bei dem Ferienprojekt an der Technischen Hochschule Rosenheim und bei der Firma Kiefel in Freilassing einen Einblick in die technische Berufswelt.
„Umweltretter*in werden – Entwicklung von nachhaltigen polymerbasierten Materialien“ lautete der Projektauftrag an die acht Mädchen und sechs Buben. Bei einer Einführung in das Thema Kunststoffe durch Prof. Dr.-Ing. Nicole Strübbe von der Fakultät für Ingenieurwissenschaften erhielten die Teilnehmer*innen einen Überblick über Grundlagen und Zusammenhänge. „Wir haben uns beispielsweise mit den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten von Kunststoffen und dem richtigen Kreislaufmanagement beschäftigt. Wichtig war zu verstehen, dass Kunststoffe eine sehr gute Ökobilanz haben können. Es geht um den richtigen Einsatz und eine optimale Wiederverwertung“, erklärt Strübbe.
Kunststoffe sind Voraussetzung für die Energiewende
Ein Alltag ohne Kunststoffe sei nicht vorstellbar und auch für das Gelingen der Energiewende seien sie unerlässlich, so die Professorin für Kunststofftechnik. „Die Treibhausgasemissionen werden in vielen Anwendungen durch den Einsatz von Kunststoffen verringert und tragen beispielsweise signifikant zur Senkung des Energieverbrauchs und der Emissionen im Bau- und Verkehrssektor bei. Durch den Einsatz in Windturbinen, Sonnenkollektoren und Elektrofahrzeugen ermöglichen Kunststoffe den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energieträgern.“
Bei mehreren Praxiseinheiten hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, verschiedene Arten der polymeren Verarbeitung kennenzulernen, darunter auch Biokunststoff auf Basis von Polymilchsäure und Aprikosenkern-Pulver. „Wir haben gezeigt, welchen Stellenwert die praxisnahe Forschung zu nachhaltigen Kunststoffen an der TH Rosenheim hat“, sagt Strübbe. Die Herausforderungen der heutigen Zeit bestehen nach ihren Worten in der Weiterentwicklung von Recyclingsystemen und -möglichkeiten wie auch in der Nutzung geeigneter biobasierter Rohstoffe zur Herstellung von Kunststoffen, welche nicht der Nahrungskette entnommen werden, sondern Abfallprodukte sind.
„Plastik ist nicht grundsätzlich schlecht“
Bei den Jugendlichen kam das Camp sehr gut an. „Ich hatte erwartet, dass wir viel in einem Hörsaal sitzen und vielleicht mal in ein Labor geführt werden. Dass wir überwiegend im Labor waren und viel selbst machen durften, fand ich ganz toll“, resümierte Niklas Gabriel, Schüler am Marie-Therese-Gymnasium in Erlangen. Mairin Rau vom Schyren-Gymnasium in Pfaffenhofen zeigte sich überrascht, wie sich die öffentliche Wahrnehmung von Kunststoff von der Realität unterscheidet. „Man denkt immer, Plastik sei grundsätzlich schlecht, aber das stimmt gar nicht“, so die Schülerin.
Vorrangiges Ziel: Schülerinnen für technische Ausbildung interessieren
Ein besonderes Augenmerk lag bei dem Forschungscamp darauf, Mädchen für technische oder naturwissenschaftliche Studiengänge zu interessieren. Die Organisation lief daher in enger Abstimmung mit dem Team der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, dem Prof. Strübbe angehört. „Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, dass der Frauenanteil in technischen Berufen steigt. Hier ist viel Potenzial vorhanden und wir möchten junge Frauen dazu ermutigen, die klassischen Pfade bei der Studien- und Berufswahl im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten zu verlassen“, so die stellvertretende Hochschulfrauenbeauftragte.