Prof. Dr. Birgit Naumer (Didaktikbeauftragte), Prof. Dr. Dominik Pentlehner (Dekan Campus Burghausen), Dipl. Kauffrau (Univ.) Alexandra Fischer, Professorin Silvia Seibold und Prof. Dr. Dorottya Kriechbaumer vom Campus Burghausen, Prof. Dr. Sabine Ittlinger (Vizepräsidentin Studium und Lehre) (Bild: Marie Schraermeyer)
Rosenheimer Lehrförderpreis 2024 unter dem Motto: "Neue aktivierende Lehrformate"
Am Tag der Lehre 2024 wurde erstmalig der Rosenheimer Lehrförderpreis verliehen. Ziel des neuen Lehrförderpreises ist es, nicht nur Engagement in der Lehre zu honorieren, sondern auch bei der Umsetzung einer neuen Idee mit personellen und zeitlichen Ressourcen zu unterstützen. Hauptamtlich Lehrende sollen dadurch unabhängig von ihrer bisherigen Lehrerfahrung in der Weiterentwickelung ihrer Lehre bestärkt werden. Die Vergabe des Lehrförderpreises erfolgt deshalb in den beiden Kategorien „Junior“ (bis zu 4 Jahre Lehrerfahrung) und „Senior“ (mindestens 5 Jahre Lehrerfahrung). Damit sich die zwei geförderten Projekte thematisch gut ergänzen, wird ein übergeordnetes Schwerpunktthema vorgegeben. Das diesjährige Schwerpunktthema lautete „Neue aktivierende Lehrformate“. Lehrende, die ihre Lehre durch aktivierende Elemente neugestalten und/oder bewährte aktivierende Formate für ihren Lehrkontext adaptieren wollen, konnten sich als Einzelperson oder als Lehr-Team auf den Lehrförderpreis bewerben. Ein aus 2 Studiendekanen bzw. -Studiendekaninnen, 2 Studierenden und 2 Mitarbeitenden aus dem Mediendidaktik- und E-Learning-Team bestehendes Auswahlgremium traf anhand eines Kriterienkatalogs die Entscheidung über die Vergabe der Lehrförderung.
Der Rosenheimer Lehrförderpreis ist aus den HigHRoQ-Lehrprojekten hervorgegangen und wird bis zum Abschluss des Projektes Ende 2025 aus den Mitteln des von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderten Projekts finanziert. Anschließend kann er durch die Unterstützung des Seeoner Kreises weitergeführt werden.
Herzlichen Glückwunsch der Gewinnerin aus dem Sommersemester 2024 in der Kategorie Junior
Frau Prof. Dr. Dorottya Kriechbaumer ist seit Juli 2023 an der TH Rosenheim Professorin im Studiengang Chemieingenieurwesen. Sie hat einen Projektantrag eingereicht mit dem Titel „Implementierung von Flipped Learning zur Steigerung des studentischen Engagements“.
Ziel ihres Projektantrags ist es, durch ein invertierendes Format Zeit zu gewinnen, um in der Präsenzveranstaltung reale Beispiele für theoretische Phänomene in Gruppenübungen oder Miniprojekten behandeln zu können, bei denen die Teilnehmenden ihre eigenen Ideen einbringen und die Theorie praktisch umsetzen. Durch die zur Verfügungstellung von Kurzvideos wird die Aneignung von theoretischem Wissen ausgelagert und die Präsenzzeit kann effizient für interaktive Übungen und kollaboratives Arbeiten an Beispielen aus der Praxis genutzt werden. Dies ist in dem Modul „Chemische Verfahrenstechnik“ ein wertvolles Rüstzeug für die spätere Berufspraxis.
Der Antrag von Frau Kriechbaumer hat das Gremium aus mehreren Gründen überzeugt:
Sie möchte von Anfang an ihre Lehre aktivierend gestalten und geht damit an der Fakultät und in dem Studiengang methodisch neue Wege, was insbesondere am Anfang mit einem hohen Aufwand verbunden ist.
Ziel ihrer Lehridee ist ein gelingender Theorie-Praxis-Transfer, der sich positiv auf die Motivation der Studierenden auswirken soll.
Die formulierte Zielsetzung ist realistisch mit wohlüberlegten Projektschritten. Dabei wurde auch die Evaluation der Erreichung der Lernziele mitgedacht und eine reflektierte Anpassung der Methode, falls sich diese für eine Lernzieleinheit als nicht geeignet erweist.
Sowohl der Unterstützungsbedarf wurde gut durchdacht und konkret formuliert als auch ihr eigenes methodisches Vorgehen (z.B. regelmäßige Aktualisierung der Materialien!).
Besonders bemerkenswert ist, dass sich Frau Kriechbaumer als „Junior“ in der Lehre das Ziel gesetzt hat, durch eine aktivierende Gestaltung ihrer Lehre, die Studierenden fit für das Berufsleben zu machen. Sie plant auch eine schrittweise Ausweitung auf andere Module und damit einen Transfer in den ganzen Studiengang bzw. die Fakultät.
Herzlichen Glückwunsch den Gewinnerinnen aus dem Sommersemester 2024 in der Kategorie Senior
Frau Prof. Dr. Silvia Seibold und Frau Dipl. Kauffrau Alexandra Fischer haben den Rosenheimer Lehrpreis für das Projekt „Campus Coach: Designing your Student Life – Ein nachhaltiges, innovatives Lehr- und Coachingkonzept für internationale und nationale Studierende“ gewonnen. Es ist ein ist ein ungewöhnliches Projekt, da es über das fachbezogene Lernen in einem einzelnen Modul oder Studiengang hinausgeht. Ziel ist die Unterstützung und Begleitung der Studierenden durch das Studium hin zu einem erfolgreichen Studienabschluss durch Vermittlung von Methodenkompetenz und Future Skills.
Ein individueller Coaching-Ansatz soll Studienabbrüche verhindern und die Vernetzung zwischen nationalen und internationalen Studierenden fördern. Dabei kommen auch positive Effekte des Peer-to-Peer-Coachings zum Tragen, beispielsweise durch das Einbringen der eigenen fachlichen und persönlichen Stärken in ein studentisches Coachingtandem. Die Lehrenden unterstützen hier in der Förderung der interkulturellen Kompetenz, mit Tools und Coachingmethoden aus dem Bereich des Innovationsmanagements und sie fördern die Studierenden im Aufbau einer gelebten Fehlerkultur und beim kollaborativen Arbeiten. Als Vorbereitung auf den Berufseinstieg durchlaufen die Studierenden dann noch ein Career Coaching.
Der Antrag der beiden hat das Gremium aus mehreren Gründen überzeugt:
Das Projekt soll die fachlichen wie sozialen Fähigkeiten der Teilnehmer fördern.
Es steht für Bachelor- und Masterstudierende aller Studiengänge offen.
Es vernetzt Studierende auch im privaten Umfeld und zeigt ihnen letztlich auch eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt auf. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Schritt.
Die Ausweitung auf alle Standorte der TH Rosenheim ist vielversprechend.
Die Umsetzung des Projekts im Rahmen des Lehrförderpreises ermöglicht es, das Konzept ausführlich am Campus Burghausen zu testen und lässt auf eine spätere Skalierung auf alle Standorte der THRO hoffen. Wir freuen uns daher besonders, diesen Preis an Frau Prof. Dr. Silvia Seibold und Frau Dipl. Kauffrau Alexandra Fischer zu überreichen.
Bisher geförderte Lehrprojekte
Aus den bisher geförderten Lehrprojekten sind zahlreiche Kollaborationen für innovatives Lehren und Lernen entstanden, von denen Lehrende und Studierende an der TH Rosenheim und darüber hinaus profitieren.
Herr PD Dr. Sven-Joachim Kimmerle führt ein innovatives Lehrprojekt im zweistündigen Fach Statistik für die Studiengänge Holz-/Ausbau und Bauingenieurwesen durch.
Dabei gestaltet er ein motivierendes und aktivierendes Lehrformat durch den Einsatz von JiTT (Just-in-Time-Teaching)-Einheiten mit Peer Instruction. Außerdem wird durch den Einsatz von Tutorinnen ein individuelles Feedback zu den Übungsaufgaben gegeben. Für die Übungsteile werden die innovativen Lernräume zur Arbeit in Teams und zur Aktivierung der Studierenden genutzt.
Für die Studierenden ergibt sich eine attraktive Lehrveranstaltung eines als schwierig empfundenen Themas und eine Unterstützung beim Erwerb der Schlüsselkompetenzen Datenauswertung und Risikoabschätzung.
Prof. Dr. Carolin Fleischmann und Prof. Dr. Kathrin Rößle von der Fakultät BW haben als Lehrtandem für das Modul "Strategische und operative Unternehmensführung" ein Lehrprojekt eingeworben. Die Anforderungen an Betriebswirte, auch unstrukturierte Probleme strukturiert zu lösen, Entscheidungen fundiert, nachhaltig & strategisch zu treffen sowie die Auswirkungen seiner Entscheidungen abzuwägen und zu verstehen werden in ihrem Modul gefördert. Dazu gehört auch, dass die Entscheidungen und Unternehmensstrategien im Unternehmen auf allen Ebenen zielgruppenorientiert und überzeugend kommuniziert werden. Aktuelle Fallstudien der Unternehmenspraxis stehen dabei im Mittelpunkt, ebenso wie individuelles Coaching mittels Videoanalysen.
Frau Prof. Dr. Julia Dittrich hat sich zum Ziel gesetzt, im Modul „E-Commerce Operations“ im englischsprachigen Bachelor E-Commerce am Campus Chiemgau einen digital unterstützen Lehrablauf zu entwickeln, in dem die Studierenden sich Woche für Woche entlang einer konsistenten Business Case Simulation bewegen. In dieser Simulation lösen die Studierenden hintereinander verschiedene Situationen /Aufgabenpakete aus dem Bereich Optimierung digitaler Operations. Sie erleben dabei echte Business Herausforderungen und müssen diese eigenständig (unter Zuhilfenahme digitaler Tools) lösen. Damit soll der Wissenstransfer von Studierenden in die Praxistätigkeit gefördert werden.
Studierende lernen zunächst, disruptive Technologien technisch und ökonomisch zu analysieren. In „Guerillalabors“ entwickeln die Studierenden anschließend ein innovatives Produkt und planen dessen Markteinführung. Dabei sollen 3-D-Druck-Bauteile neben einer technischen Verbesserung auch einen ökonomischen Nutzen erzielen. Jedes Teammitglied wählt eine Spezialisierung, z.B. Produktion, Finanzierung oder Marketing. Zudem erstellen die Studierenden einen Prototypen mit einem passenden Business-Plan.
Nach dem sehr positiven Feedback der Studierenden und dem Spaß, den das Modul auch den Lehrenden gemacht hat, ist das Modul jetzt ein Teil des regulären Wahlpflichtfachkatalogs. Den Studierenden hat besonders gefallen, dass sie eine Innovation selbst entwickeln konnten. Die Lehrenden standen als Inputgeber und Coaches zur Verfügung. Diese Struktur ermöglicht eine innovative Form der Wissenstransformation: Begleitetes „Learning by doing“ statt professoraler Frontalbeschallung.
Das Fach „Software Development Basics“ ist eine einführende Programmierveranstaltung der Studiengänge Wirtschaftsinformatik und Applied Artificial Intelligence. Anhand der Programmiersprache Java werden grundlegende Programmierkonzepte erlernt. Die Studierenden haben unterschiedlichste Kenntnisse im Programmieren. Von absoluten Programmier-Neulinge über Hobbyprogrammierer*innen bis hin zu Studierenden mit einem fachspezifischem Ausbildungshintergrund. Es ist also viel Eigeninitiative gefragt, um sich neben der in der Vorlesung vermittelten Theorie die nötige Programmierpraxis anzueignen. Hinzu kommt, dass Programmieren von Studierenden im ersten Semester oft als Angstfach gesehen wird. Die Scheu das Fach „anzupacken“ kann ein limitierender Faktor sein. Weiter erfolgt der Leistungsnachweis einmal am Ende des Semesters, so dass ein von Anfang an eingeführter Übungsrhythmus für die Prüfung aber auch die darauffolgenden Fächer sehr wichtig ist. An diesem Punkt setzte dieses Lehrprojekt an. Ziel war es, Gamification im Rahmen kleiner Programmier-Challenges von Beginn an einfließen zu lassen, um Studierende individuell zum Programmieren zu motivieren. Die Aufgaben wurden so gewählt, dass Vorlesungsinhalte wiederholt, aber auch auf die Übungsaufgaben vorbereitet wurde. Die Gamification wurde durch eine automatisierte Dashboard-Auswertungen und kleinen Wettbewerben mittels der Domjudge Plattform unterstützt.
Durch das Einführen von "Programmier-Quizzes“ konnte das eigenständige Bearbeiten von Zusatzaufgaben - auch zu individuell gewählten Zeitpunkten – motiviert werden. Der Fortschritt der Studierenden konnte über das Dashboard stets eingesehen werden. Unterstützt wurden die Studierenden sowohl durch Online-Fragestunden als auch durch Feedback-Gespräche basierend auf abgegebenen Lösungen. Der Fortschritt der Studierenden im Programmier-Dashboard galt auch als Indikator, ob dem Inhalt der Vorlesung weiterhin gefolgt werden konnte. Durch EMPAMOS konnten weitere Elemente in das Aufgabenangebot eingebaut werden wie bspw. ein selbst wählbarer Schwierigkeitsgrad als auch die Einbettung der Aufgaben in eine Geschichte.
Herr Prof. Dr. Viktor Sandor setzte sich in seinem Lehrprojekt zum Ziel, die Studierenden in ihrem individuellen Lernweg zu unterstützen, damit diese Inhalte so erlernen, dass sie schnell und ohne nachschauen verfügbar sind. Hierzu setzte er Lernkarten ein, die sogenannten „Anki-Karten“. Die Lehrkarten wurden im Laufe des Semesters, begleitend zur Vorlesung, nach und nach zur Verfügung gestellt. Sie wurden vom Dozenten am Anfang der Vorlesung zum „Aufwärmen und Wiederholen“ der vorherigen Lehrveranstaltung verwendet. Studierende können sie aber auch im Selbststudium verwenden. Die Karten können in eigens gewählten Intervallen wiederholt werden und das System individuell angepasst werden auf die Bedürfnisse der Lernenden. Ein Übertrag des Systems ist auf andere Module und Fachdisziplinen gut möglich.
Im Studiengang Pflegewissenschaft (B.Sc.) soll das Praxistransfermodul Pflegediagnostik weiterentwickelt werden. Dieses Modul absolvieren alle Studierenden des zweiten Semesters, die in der vorlesungsfreien Zeit in Kliniken der Region ihren zweiten, acht Wochen dauernden pflegebezogenen Praxiseinsatz erbringen. Das Qualifikationsziel des Moduls sieht vor, dass die Studierenden Handlungskompetenz erwerben, um den Prozess der Pflegediagnostik zu gestalten. Pflegediagnostik ist ein mehrschrittiger Prozess und die Grundlage allen pflegerischen Handelns. Die Herausforderung für unsere Studierenden ist es, eine Kompetenz entwickeln zu müssen, die in der Pflegepraxis noch nicht gelebt wird, d.h. es fehlen Vorbilder, die Pflegediagnostik in der Praxis anbahnen könnten. Gleichzeitig handelt es sich um eine Vorbehaltsaufgabe ausgebildeter Pflegefachpersonen nach Pflegeberufegesetz. Deutschlandweit existieren bislang keine diesbezüglichen Lehrkonzepte, eine Curriculumsentwicklung wird angestrebt.
Unter dem Titel „Gamification trifft Hybride Lehre“ führte Prof. Dr. Anja Schmiedt im Sommersemester 2023 ein Lehrprojekt im Fach Statistik des Studiengangs Wirtschaftsmathematik-Aktuarwissenschaften durch. Unterschiedliche hybrid-synchrone Lernsettings wurden in dem technisch entsprechend ausgestatteten Lehr-Experimentierraum S1.04 mit den Studierenden erprobt. Als Ansatz zur Vor- und Nachbereitung der hybriden Lehre kamGamification bzw. Gameful Motivation zum Einsatz. Dabei ging es nicht darum, den spielfremden Kontext (hier, die hybride Lehre) in ein Spiel zu verwandeln, sondern Spielelemente zur Zielerreichung einzusetzen. Die Auseinandersetzung mit hybriden Formaten wurden für Studierende und Lehrende als ein Zukunftsthema gesehen, nicht zuletzt für den Erwerb von Future Skills in einer Arbeitswelt, in der sich hybride Kollaboration etabliert.