Personen der ersten Stunde

Ohne das Engagement einzelner Personen hätte es das Holztechnikum und damit auch die Hochschule in Rosenheim vermutlich nicht gegeben. Wer hatte die Idee und wer war an der Umsetzung beteiligt? Und wer gehörte eigentlich zu den ersten Studenten? Ein Auszug der Protagonisten aus der Anfangszeit des Holztechnikums:

Hugo Laue – Wegbereiter und Visionär

Hugo Laue

Hugo Laue, geboren im sächsischen Schkeuditz, war Holzkaufmann und viel im Ausland unterwegs. Ende des Ersten Weltkriegs übersiedelte er nach Rosenheim, einem der damals wichtigsten Holzumschlagsplätze. Dort kaufte er ein Säge- und Hobelwerk samt Holzhandel und engagierte sich bald für die Belange der Holzbranche. Im Jahre 1924 gründet er zusammen mit anderen Sägewerksbesitzern, Mitgliedern des Baugewerbes und Maschinenfabriken den „Verein zur Förderung der Holzfachschule“. Ziel war es, eine private Ausbildungsstätte für die Holzindustrie zu gründen. Im Januar 1925 nahm das „Holz-Technikum Rosenheim. Erste deutsche Fachschule für Holzindustrie und Holzhandel“ den Lehrbetrieb auf. Direktor Ernst Schlegel betrieb die Schule auf eigene Rechnung als private Lehranstalt, die bereits wenige Monate später Insolvenz anmeldete. Zur Rettung der Holzfachschule bat Laue das Kultusministerium in München um eine zweite Chance. Er selbst und zwei weitere Unternehmer gewährten Darlehen. Der Verein zur Förderung einer Holzfachschule e.V. wurde neuer Schulträger und übernahm damit die finanzielle Haftung. Als Vorsitzender kümmerte sich Hugo Laue um alle Fragen der Holzschule persönlich. 
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, waren Hugo Laues Tage als Vorsitzender des Schulvereins gezählt. 1941 verpachtete Laue seinen Betrieb und zog sich ins Privatleben zurück. Dem Holztechnikum blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 1956 eng verbunden und beriet gerne seine Nachfolger.

Georg Aicher, Mitbegründer des Holztechnikums

Die drei Brüder Aicher hatten Großes vor: 1912 gründeten sie eine Holzhandelsfirma, die im Alztal und in Niederbayern kleinere Sägewerke betrieb. 1925 nutzten sie die Gunst der Stunde, erwarben ein großes Gelände außerhalb Rosenheims und erweiterten systematisch ihre Geschäftsfelder um ein Hobelwerk, eine Parketterie, ein Sperrholz- und ein Spanplattenwerk. Die Betriebe setzten auf hochmoderne Maschinen und minutiös geplante Abläufe. Bald transportierten Lastwagen die industriell hergestellte Ware in alle Welt. Parallel unterstützte Georg Aicher das Holztechnikum von der ersten Stunde an, wusste er doch um die Bedeutung von gut geschultem Personal. Er war Mitbegründer des Trägerverein für die Privatanstalt und sorgte dafür, dass das Technikum mit einem verbesserten Lehrplan, Lehrkräften aus der Praxis und einem Lehrsägewerk auf gute Beine gestellt wurde. 1957 wurde Georg Aicher wegen seiner Verdienste Ehrenbürger der Stadt Rosenheim.

Ernst Schlegel, erster Direktor des Holztechnikums

Der Ingenieur Ernst Schlegel überzeugte 1924 Hugo Laue, in Rosenheim ein Holztechnikum ins Leben zu rufen. Erfahrung besaß der Sachse genug. In Mittweida hatte er als Dozent an dem 1867 gegründeten Technicum für Maschinenbau-Ingenieure unterrichtet. Doch in Rosenheim stand seine Idee von Beginn unter keinem guten Stern. Zwar konnte er 1925 das Holztechnikum im Weinhaus Forstner mit einem Vorkurs, drei Studenten und zwei Lehrkräften eröffnen. Doch schon im Herbst war die Privatanstalt bankrott. Schlegel packte seine Koffer samt Akten und verließ sang- und klanglos Rosenheim. Um die Schulden des Holztechnikums zu decken und die Lehrer bezahlen zu können, ließ die Stadt seine Villa versteigern, was nur 7.500 Reichsmark brachte.

 

Gründungsdirektor Ernst Schlegel vorne in der Bildmitte sitzend. Erster Student Ägidius Spitzl am rechten Bildrand stehend.

Ägidius Spitzl, erster Student am Holztechnikum

„Um keine Zeit zu verlieren, fuhr ich per Bahn am 5. Januar 1925 in Richtung Rosenheim. Im Sekretariat angekommen, war die erste Frage: ´Wieviel Studenten sind fest angemeldet?`Da hat das Fräulein ein trauriges Gesicht gemacht und sagte: ´Bedauerlich – noch keiner´“ –  so  Ägidius Spitzl in seinen Erinnerungen. Bei der Einschreibung erhielt der gelernte Zimmerer die Nummer 1. Durch eine Werbe-Anzeige war er auf die neue Fachschule aufmerksam geworden, die seinem Wunsch nach Weiterbildung entsprach. Spitzl kündigte seinen Job und zog in ein möbliertes Zimmer nach Rosenheim. Sein Studium finanzierte der Weltkriegsteilnehmer durch die „inflationsbedingte Aufwertung der Hypothek des elterlichen Guts.“ Spitzl war Gründungsmitglied der Studentenverbindung Teutonia. „Den Studierenden wurde bald klar, dass man sich enger zusammenschließen muss, um einen Planungs- und Erfahrungsaustausch ermöglichen zu können, der im engsten Freundeskreis den Idealismus der ganzen Sache fördern soll.“
Im März 1927 verließ Spitzl Rosenheim mit dem Examen in der Tasche.  

Peter Meister, Mitbegründer der Teutonia

Die Burschenschaft Teutonia bestimmte die Geschichte des Holztechnikum seit Juli 1925 mit. Damals gründeten zwölf Studenten unter dem Vorsitz von Peter Meister die „Technische Verbindung Teutonia“ im Gasthof Drei Linden. Diese schrieb sich das Motto „Per Aspera ad Astra“ auf ihre Fahnen. Die Burschenschaft kooperierte eng mit der Holzschule. Der Sägewerksbesitzer Hugo Laue wurde zum „Ehrenburschen“ ernannt. Bei der Gestaltung der Lehrpläne bezog die Privatanstalt die Teutonia mit ein. 1928 wurde die Landsmannschaft in eine Burschenschaft umgewandelt, da Studierende aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich ins Voralpenland zum Lernen kamen. Wer nicht in einer farbentragenden Vereinigung Mitglied werden wollte, konnte seit 1926 in den „Club Hochschultechnikum Rosenheim“ eintreten.

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