Wenn ich in den ersten Tagen des Studiums die Studenten frage, was sie an Holz so fasziniert, kommen Antworten wie: „unverwechselbar“, „warm“, „natürlich“, „fühlt sich einfach gut an“. Holz ist also vor allem ein Werkstoff, der emotional anspricht und Wohlbefinden signalisiert. Gerade die Vielfältigkeit im Bild und die Ausstrahlung des natürlichen Werkstoffs werden von den Holzverwendern geschätzt.
Holz zeigt Leben – mit dicken Jahrringen aus guten Jahren, mit Holzfehlern, mit Ecken und Kanten – eine gewachsene Schönheit.
Sind wir „Holzköpfe“ deshalb Träumer?
Nein, es gibt auch viele rationale Gründe, warum wir uns im Studium verstärkt mit dem Werkstoff Holz auseinandersetzen. Einer der wichtigsten Punkte ist die langfristige Verfügbarkeit des Rohstoffs. Holz wächst nach. Dieser Werkstoff wird noch unseren Enkeln zur Verfügung stehen. Holz ist zukunftsfähig. Und schon heute ist Holz der am häufigsten genutzte und am vielseitigsten einsetzbare nachwachsende Rohstoff.
Dabei sollte man auch beachten, dass Holz ein heimischer Rohstoff ist . Um ihn muss kein Krieg in fernen Ländern geführt werden und lange Transportwege fallen auch weg. Wenn wir über die Werkstoffe der Zukunft nachdenken, werden es vor allem nachwachsende Werkstoffe wie Holz sein. Durch den Einsatz von Holz werden die endlichen Ressourcen dieser Erde geschont – auf dass die Welt noch lange lebenswert bleibt!
Aber auch mit nachwachsenden Rohstoffen muss man effizient umgehen. In Deutschland darf nur so viel Holz eingeschlagen werden, wie auch nachwächst. Und jeder Baum, der weiter wachsen kann und noch nicht eingeschlagen werden muss, ist natürlich ökologisch wie ökonomisch ein Vorteil. Unsere Holz-Ingenieure lernen deshalb auch effizient mit der Ressource Holz umzugehen, z. Bsp. aus der Konstruktion eines Produkts heraus weniger Material zu verbrauchen. Leichtbau ist nicht nur eine ökonomische sondern auch eine ökologische Notwendigkeit. Auch die ganzheitliche Nutzung des anfallenden Holzes ist ein wichtiger Punkt, den unsere Holz-Ingenieure beherrschen sollen.
Ein gut gestaltetes Möbel aus Holz verbraucht wenig fossile Rohstoffe und wenn das Holz-Produkt seinen Dienst getan hat, kann es CO2 neutral verbrannt werden. Das CO2 welches bei der Verbrennung freigesetzt wird, wurde ja vorher vom Baum aus der Luft genommen.
Und gerade die energetische Nutzung von Holz ist auf Grund der Verteuerung und Verknappung von Erdöl und Erdgas und der CO2 neutralen Verbrennung stark im Aufwind. Natürlich ist das auch Thema in unserem Studium – Wie ist die ökologische und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Energieerzeugung aus Holz und Holzresten in den verschiedenen Fällen in der Praxis möglich?
Es gibt auch beim jahrhundertealten Werkstoff Holz noch viel zu entdecken. Hier tun sich durch die Umsetzung moderner Technologien neue Möglichkeiten auf. Zum Beispiel arbeiten wir an sogenannten modifizierten Hölzern. Heimisches Holz wird mit Wärme oder textilen Vernetzern so modifiziert, dass es bedenkenlos im Außenbereich eingesetzt werden kann. Damit erschließen sich neue Wege, chemischer Holzschutz oder der Einsatz von Tropenholz kann hier entfallen.
Doch so schön wie der Werkstoff Holz ist, sollen auch die vielen rationellen und guten Gründe für den Einsatz von Holz nicht darüber hinweg täuschen, dass Holz kein einfacher Werkstoff ist. So sind seine Eigenschaften neben der Holzart noch von vielen anderen Faktoren abhängig. Auch die Inhomogenität des Holzes und die Ausrichtung der Zellen in ihrer Längsachse machen den Sachverhalt nicht einfacher. Aber es ist ja gerade die Vielfalt und Einzigartigkeit des Werkstoffs Holz, die uns reizen, sich intensiver damit zu befassen?
Prof. Torsten Leps
Dozent für Werkstoffkunde